Entscheidung in Hannover

Entgelte im VW-Haustarif sollen um 7 Prozent steigen

21.06.2024 | Tarifkommission beschließt Paket für Verhandlungen - Extraschub für Azubi-Vergütungen gehört auch dazu

Gianna Leo

Daniela Cavallo

Thorsten Gröger

Wolfsburg/Hannover - Die Arbeitnehmerseite bei Volkswagen zieht mit einer Forderung nach 7 Prozent mehr Geld in die nahenden Verhandlungen für einen neuen VW-Haustarif. Das ist der Kern des Forderungspakets, das die sogenannte VW-Tarifkommission (Erklärung dazu siehe Infokasten unten) am Freitag in Hannover beschlossen hat. Neben den 7 Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 12 Monaten (also gerechnet auf ein Jahr) will die Gewerkschaft IG Metall auch eine besonders spürbare Anhebung der Ausbildungsvergütungen durchsetzen: 170 Euro mehr – unabhängig vom Ausbildungsjahr. Die geforderten 7 Prozent Steigerung für die Entgelttabelle würden einem Plus von 169 Euro brutto in der Haustarifstufe 1 entsprechen und 540 Euro brutto in der höchsten Stufe Nummer 20.

Die Forderung der Tarifkommission orientiert sich damit an einer Empfehlung, die der Bundesvorstand der IG Metall in Frankfurt am Main Anfang der Woche aufgestellt hatte (Details hier).

Die Arbeitgeberseite, also Volkswagen, nimmt die Forderungen für die Haustarifverhandlungen in der Regel nur zur Kenntnis und äußert sich ihrerseits frühestens in der ersten Haustarif-Verhandlungsrunde, die diesmal für Oktober erwartet wird. Wenige Wochen zuvor wird dann in der Fläche der Metall- und Elektroindustrie das erste Mal verhandelt worden sein. In der jüngeren Vergangenheit hatte der VW-Vorstand - unabhängig vom Thema Haustarifrunde - großen Zwang zum Sparen angemahnt. Derzeit läuft bei Volkswagen, so wie konzernweit in allen Marken und Gesellschaften, ein Effizienzprogramm für mehr Renditekraft.

 

Die IG Metall hat eine Pressemitteilung zu den Details des Forderungspaketes herausgegeben. Darin äußern sich auch Daniela Cavallo und Gianna Leo. Hier folgt der Wortlaut der Mitteilung:


VW-Tarifkommission beschließt Forderung der Tarifrunde 2024 - 7 Prozent mehr Geld für Volkswagen-Beschäftigte gefordert

Voraussichtlich im Oktober geht es wieder an den Verhandlungstisch zwischen IG Metall und Volkswagen. Diskussionsgegenstand ist dann der Haustarifvertrag bei Volkswagen, von dem rund 120.000 Beschäftigte profitieren. Der Haustarifvertrag bei VW gilt für die sechs Standorte der Volkswagen AG (Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter und Wolfsburg) sowie bei den Töchtern Financial Services, Immobilien und der dx.one GmbH.

In Hannover haben am heutigen Tag die Tarifkommissionsmitglieder der IG Metall bei Volkswagen ihre Forderung zur Tarifrunde 2024 einstimmig beschlossen. Die IG Metall fordert für die diesjährige VW-Tarifrunde:

  • Eine tabellenwirksame Entgelterhöhung um 7 Prozent für 12 Monate
  • Eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 170 Euro je Ausbildungsjahr für 12 Monate

Thorsten Gröger, Verhandlungsführer der IG Metall bei Volkswagen, sagt: „Performance braucht starke Beschäftigte. VW versteift sich gegenüber dem Kapitalmarkt im Gezerre um Rendite. Angesichts von Milliardengewinnen bleibt allerdings einiges Kapital, um auch die Beschäftigten und nicht nur Aktionäre an den Erträgen teilhaben zu lassen. Unsere Beschäftigtenbefragung bei VW, bei der fast 22.000 Kolleginnen und Kollegen teilnahmen, zeigt deutlich: Der Druck auf dem Geldbeutel ist durch die Höchstinflation zweier Jahre spürbar gestiegen. Nun gilt es, für eine Stärkung der Kaufkraft unserer Kolleginnen und Kollegen Sorge zu tragen. Schließlich soll ihre Konsumlaune, wenn es nach den Prognosen der Wirtschaftsinstitute geht, auch die Gesamtkonjunktur ankurbeln. Daher wäre ein Abwürgen notwendiger Wachstumsimpulse wahrlich gefährlich!“

Zentral geht es in der Tarifrunde 2024 – sowohl in der Fläche der Metall- und Elektroindustrie wie auch in den Verhandlungen zum VW-Haustarifvertrag - um eine dauerhafte Erhöhung der Entgelttabellen um 7 Prozent. Die Einmalzahlungen des Unternehmens vom letzten Tarifabschluss (2022) hat die Inflation aufgefressen. Die Beschäftigten haben einen monatlichen Dauerausgleich und eine Anerkennung ihres Einsatzes verdient. Zudem soll das Ergebnis der Tarifbewegung eine soziale Komponente zur Besserstellung unterer Entgeltgruppen beinhalten.

Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, erklärt: „Die Volkswagen-Belegschaft hat eine klare Erwartungshaltung für diese Haustarifrunde: Es muss spürbar mehr Geld geben. Die Arbeitgeberseite wird dagegen einmal mehr auf den Sparzwang und die herausfordernde Lage verweisen – das scheint jetzt schon absehbar. Was aber nicht zusammengeht: Bei den Beschäftigten sparen zu wollen und gleichzeitig auf mehr Performance und Effizienz abzuzielen. Ich kann Volkswagen nur davor warnen, in den kommenden Monaten zu überreizen! Was stattdessen sehr wohl zusammengeht: Gute Produkte, ein attraktiver Arbeitgeber und eine motivierte Belegschaft. Unsere Entgeltforderung ist daher eine Ansage mit Augenmaß. Sie wird der Situation des Unternehmens gerecht, das gut beraten wäre, endlich die entscheidenden Rendite-Hebel anzugehen: Komplexität, Synergien, Prozesse, Produkt."

Neben den Entgelten müssen dieses Jahr auch die Stellschrauben bei den Ausbildungsvergütungen neu eingestellt werden. Auszubildende und Dual Studierende sind von diesen Teuerungen des alltäglichen Lebens besonders betroffen – und dürfen damit nicht allein gelassen werden. Daher setzt sich die IG Metall neben einer Entgelterhöhung auch für eine überproportionale Anhebung der Ausbildungsvergütungen ein, das heißt: 170 Euro mehr – unabhängig vom Ausbildungsjahr!

Gianna Leo, Vorsitzende der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, führt aus: „Inflation kennt kein Alter, trifft aber junge Menschen besonders hart – das sind die Realitäten, die uns viele der Auszubildenden bei Volkswagen schildern. Inzwischen ist der durchschnittliche Auszubildende 20 Jahre alt, lebt nicht mehr zu Hause und hat so sein eigenes Leben mit eigenen Kosten zu bestreiten. Das alles in Zeiten des Mieten-Wahnsinns, der extremen Preissteigerungen im Supermarkt und auch in der Freizeit hat die Kostenschraube ordentlich angezogen. Wer die besten Nachwuchskräfte haben will, darf sich von der Konkurrenz nicht abhängen lassen. Wenn überall die Ausbildungsvergütungen überproportional steigen, darf Volkswagen sich nicht wegducken, sondern muss als Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv bleiben. Es ist eben bei den Ausbildungsvergütungen keineswegs so, dass VW da die Nase vorne hat!“

Die Friedenspflicht läuft zum 30. November 2024 aus, einen Tag später wären Warnstreiks möglich.

 


 

INFOKASTEN

Das ist die VW-Tarifkommission

Unser Haustarifvertrag gilt für die sechs Standorte der Volkswagen AG (Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter, Wolfsburg) sowie bei den Töchtern Financial Services, Immobilien und der dx.one GmbH. Die rund 100-köpfige Tarifkommission bei Volkswagen setzt sich aus Tariffachleuten und Gremienvertreterinnen und -vertretern zusammen. Mit dabei sind zum Beispiel die Betriebsratsvorsitzenden der Standorte, Mitglieder der Vertrauenskörperleitungen, die Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie weitere Spitzenfunktionäre der IG Metall wie etwa der Bezirksleiter Thorsten Gröger, der für die Arbeitnehmerseite sowohl in der Fläche der Metall- und Elektroindustrie als auch im Haustarif bei VW der Verhandlungsführer ist.

Neben der Tarifkommission gibt es auch die kleinere Verhandlungskommission. Die macht, was der Name sagt: Sie bestreitet die Verhandlungsrunden und trifft dabei auf die Delegation der Arbeitgeberseite um deren Verhandlungsführer, Personalvorstand Arne Meiswinkel. Zwischen der Verhandlungs- und Tarifkommission der IG Metall besteht während der Tarifrunden ein regelmäßiger, enger Austausch. So muss zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages, den die Verhandlungskommission ins Ziel gebracht hat, die Tarifkommission noch zustimmen, bevor der Kompromiss wirklich beschlossene Sache ist.

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